Zitat von bike-didi im Beitrag #94
Egal ob vorn oder hinten, muss man sich antrainieren, nicht hektisch zu reagieren - kein Ziehen der Kupplung, kein Bremsen...!
Auf keinen Fall bremsen, das würde den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben bedeuten - das würde vor allem das Risiko des oben genannten Highsiders extrem erhöhen. Schnelles Auskuppeln bedeutet aber nicht Hektik, denn die führt sehr gerne dazu, dass man die Spur verliert.
Deshalb sind Bremsen und mehr Gas(*) keine klugen Reaktionen für den Durchschnittsfahrer. Hektische Reaktionen können leicht zu einer anderen Spur führen und man landet im Gegenverkehr oder im Graben oder sonstwo neben der Straße. Auskuppeln ist genau deshalb in der Situation eines ungewollt seitlich wegrutschenden Hinterrrades so gut: Man reduziert das Tempo praktisch nicht, daher bleiben Schräglage und Tempo für die Kurve weiterhin richtig. Das bedeutet eben auch, dass es absolut keinen Grund für einen Highsider gibt. Man reduziert nur das Sturz- und Unfallrisiko mit dem Auskuppeln massiv.
Ein Anekdötchen dazu: Als die Honda XL 600 V Transalp auf den Markt kam, habe ich die an einem Tag der offenen Tür eines großen lokalen Mopedhändlers zur Probe gefahren. Schon nach der ersten Kurve fand ich die sehr leicht am Hinterrad. Als noch recht junger Bengel mit damals so etwa 3 Jahren Klasse 1 waren die Suzuki DR 500 und die Honda XL 250 S die "schwersten" Enduros, die ich als Fahrer kannte. Das leichte Hinterrad der Transalp mit der massiven Neigung in den Kurven wegzurutschen stresste mich, reizte aber auch. Also habe ich den Hahn eher mehr als weniger aufgerissen. Und es in einer Kurve übertrieben...
Erst ging dem Moped der Arsch weg, dann ging meiner auf Grundeis. Ich habe damals zunächst weder ausgekuppelt, noch gebremst. Das Moped drehte sich ein, Fahrtrichting Gegenverkehr. Nun war das eine Rechts-Links-S-Kurve. Ich war in der Rechtskurve nach links in den Gegenverkehr abgebogen. Also Anker werfen und die Linie korrigieren. Dabei rutschte das Hinterrad nun in die andere Richtung weg. Da ich anfänglich bei erlaubten 50 km/h so 70 bis 80 km/h fuhr, war ich jetzt mit kaum weniger als den erlaubten 50 fast rechtwinklig zum Straßenverlauf unterwegs. Das passierte alles schneller als ich das realisieren konnte.
Es ging dank zurückverlagertem Oberkörper erstaunlich glatt in leichter Schräglage den Bordstein hoch, über diesen und direkt in den dortigen Park. Ich brauchte noch locker 30, 40 oder 50 m um die Fuhre anzuhalten. Der Boden war weich und das Gras feucht. Die Transalp war nach dem Ausflug in die Botanik braun-grün verdreckt - das führte bei der Rückgabe zu irritierten Blicken und Fragen, wo ich denn mitten in der Stadt im Gelände gewesen sei...
Die Honda und meine Unterwäsche blieben unbeschädigt, aber ich hatte etwas gelernt: Hektische Reaktionen können das Problem vergrößern. Mir ist die NC mehrfach nicht weniger stark wie damals die Transalp weggegangen, aber weil ich mit dem Auskuppeln ohne weiteren Blödsinn wie Bremsen, Gewichtverlagern, Lenken o. ä. besonnen reagiert habe, blieb es jedes Mal beim Haken innerhalb meiner Fahrspur. Das Vertrauen zur NC hat aber stark gelitten. Trotz nun wirklich sehr guter Reifen (Conti TKC 70) habe ich noch immer einen sehr großen Respekt vor der NC. Die kann mehr als ich.
Gruß Michael
(*) bzw. der Übergang in den Drift, den ich vor 30 Jahren mit Enduros im Schnee oder losen Sand noch konnte, aber heute längst nicht mehr hinbekommen würde - dafür bin ich zu steif und zu ramponiert (kaputter Schulterbereich etc.).